Vom Hygge-Stil zum Cocooning 2020/2021
Was Dänen und Norweger unter dem Begriff Hygge schon seit eh und je zu ihrer Alltagskultur zählen, erlebt heutzutage auch bei uns (wieder) seine Renaissance - das Cocooning. Doch es war nicht immer so, wie es jetzt ist. Oder es bedeutete zwischendurch etwas anderes, die Bedeutung hat sich verschoben. Was und wie?, erfährst Du, wenn Du möchtest, in diesem Beitrag.
Die Wohnkultur Hygge
Das skandinavische Wort Hygge bedeutet Gemütlichkeit, Behaglichkeit. Das Adjektiv hyggelig bedeutet also angenehm, behaglich, gemütlich. Es sich hyggelig zu machen heißt also nichts anderes, als es sich bequem und gemütlich zu machen. Skandinavier leben es in ihrem Wohnambiente. Sie beleuchten und beheizen Räume mit entspannendem, indirektem Licht, mit Kerzen und offenen Feuerstellen. Sie kombinieren harmonische Farben - schwarz und weiß, braun, blau und grün mit sinnlichen, natürlichen Materialien wie Holz oder Fellen. In einem hyggelig eingerichteten Wohnzimmer findest Du Langflorteppiche, kuschelige Kissen, Decken, Plaids und jede Menge Pflanzen. Hygge ist gleichzeitig ein Lebensstil: Dazu gehören lange Kaffeerunden (auch spät in den Abend hinein), Spieleabende, gemeinsames Kochen und Essen.
Das Cocooning der späten 1980er Jahre
Der Begriff Cocooning leitet sich aus dem Englischen cocoon ab und bedeutet sich verpuppen. Er ist eine Abwandlung des Hygge. Zu seinen Anfängen war er noch spießig konnotiert. Es ging schließlich darum, sich in den eigenen vier Wänden einzuigeln, sich auf sich selbst und auf das eigene, häusliche Privatleben zu konzentrieren. Er wurde zuerst in den späten 1980er Jahren in den USA verwendet.
Vom Cocooning zum Social Cocooning
Einen viel sozialeren Aspekt hat hingegen das Social Cocooning. Auch hier geht es darum, sich in die eigenen vier Wände zurückzuziehen. Es geschieht allerdings nicht alleine, sondern mit Familie und Freunden. Anja Kirig vom Zukunftsinstitut nennt es das Lagerfeuer des 21 Jahrhunderts. Beim Social Cocooning kommen sich nahe stehende Menschen statt anonymer Menschenmassen in entspannender, heimeliger Atmosphäre statt in lauten Discotheken zusammen. Empathie, Zuhören und Kommunikation in wohligem Ambiente eines Wohnzimmers oder einer Küche - sei es beim Videoabend, Kochabend oder Spieleabend - statt sich in einem lauten Club anschreien zu müssen also. Während Hygge vor allem ein Einrichtungsstil ist, stehen beim Social Cocooning das Beisammensein mit ausgewählten Menschen und der gemeinsame Moment im Fokus. Während es beim Cocooning der 1980er Jahre um das Ich ging, geht es beim Social Cocooning um das Wir-Gefühl.
Vom Social Cocooning zum (vorübergehenden) CoRcooning
2020 war ein unvergleichliches Jahr voller so noch nicht bekannter Überraschungen. Es mussten Mechanisme her, dank derer wir uns das plötzliche neue Leben angenehm machen konnten. Wir mussten uns auf das Wichtigste besinnen, unseren Lebensstil ändern, uns in dem neuen Leben neu erfinden. Mitarbeiter wurden ins Homeoffice, Kinder ins Homeschooling geschickt. Das Meiste spielt sich seit Monaten in den eigenen vier Wänden ab. So toll es für die Natur auch ist! Doch wie lange kannst Du es denn in den eigenen vier Wänden aushalten, ohne dass Dir die Decke auf den Kopf fällt? Genau. Nicht lange. Aber es hilft ja nichts. Bereits im März wusste man schon, dass eine Änderung nicht so bald in Sicht ist. Deswegen haben wir das Cocooning wieder (neu) für uns entdeckt. Der Begriff wandelte sich wieder. Matthias Strolz hat ihn sogar umbenannt: Er spricht vom CoRcooning.
Doch was ist dieses CoRcooning, das hoffentlich auch bald sein Ende findet? Für mich ist es eine Mischung aus dem Social Cocooning, Social Distancing und Hygge. Wir ziehen uns - gewollt oder nicht gewollt ist hier nicht die Frage - in unsere Privaträume zurück, unter anderem, um den Gefahren der Außenwelt zu entkommen. Wir machen es uns noch gemütlicher. Wir kaufen neue Möbel, reparieren Sachen, die längst hätten repariert werden sollen, geben viel mehr Geld für Heimtextilien wie Decken oder Kissen aus. Auch Dekoartikel werden immer beliebter. Alles das, um uns das Zuhause noch flauschiger zu machen. Gleichzeitig sind wir gezwungen, soziale Kontakte zu meiden. Doch wie lange kannst Du das? Nicht so lange. Der Mensch ist ein soziales Wesen und wird auf Kontakte mit anderen Menschen nie ganz verzichten. Deswegen bedienen wir uns noch häufiger als sonst sozialer Medien oder Techniken zur Videotelefonie, um unsere Liebsten wenigstens virtuell zu treffen, ihnen nahe zu sein. Wir kommunizieren weiter, nur von zu Hause aus. Von einem zu Hause aus, das so kuschelig noch nie gewesen ist. Das ist CoRcooning.
Quellen:
Cocooning wird zu Corcooning (https://www.streifzugmedia.com/bericht/cocooning-wird-zu-corcooning/).
Kirig, Anja: Die neue Heimeligkeit (https://www.zukunftsinstitut.de/artikel/lebensstile/die-neue-heimeligkeit/, Abruf am 12.01.2021).
Horx, Matthias: Im Rausch des Positiven: Die Welt nach Corona (https://www.zukunftsinstitut.de/artikel/im-rausch-des-positiven-die-welt-nach-corona/, Abruf am 12.01.2021).
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